Direktwerbung auch bei Neukunden zulässig - OLG Stuttgart hat entschieden

von Das Team der aigner business solutions GmbH

Das Recht Neukunden mit Direktwerbung zu generieren ist auf Grundlage einer Interessenabwägung allgemein als zulässig anerkannt. Das OLG Stuttgart musste sich im Februar dieses Jahres mit der Berufung einer Schadensersatzklage aufgrund postalischer Direktwerbung beschäftigen und hat mit diesem Beschluss die gängige Rechtspraxis obergerichtlich bestätigt.

Urteil des LG Stuttgart vom 25.02.2022

Der Berufung ging ein Urteil des Landgerichts Stuttgart voraus, in dem der Kläger Schadensersatz in Höhe von 3.000 € für die postalische Zusendung einer Direktwerbung forderte. Der Kläger machte geltend die postalische Zusendung sei ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 S. 1 DSGVO, da hierbei personenbezogene Daten ohne Rechtsgrund verwendet wurden. Die postalische Direktwerbung erfolgte durch das sogenannte „Lettershop-Verfahren“. Dieser Lettershop stellt eine Verbindung zwischen einem Unternehmen, das Werbung betreiben möchte und einem anderen Unternehmen, das Adressen ihres Kundenstammes weitergeben möchte, her. Mittels dieses Verfahrens erfolgte die Zusendung der Werbung an den Kläger. Das Begehren seitens des Klägers auf immateriellen Schadensersatz richtet sich nach Art. 82 DSGVO. Demnach hat jeder einen Anspruch auf Schadensersatz, wenn ihm ein Schaden aufgrund einer Verletzung dieser Verordnung entstanden ist. Hierbei müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein tatsächlicher Schaden angenommen werden kann.

Nähere Informationen über die Schadensersatzvoraussetzungen enthält unser Blogbeitrag: Werbeanrufe unter der DSGVO, welchen Sie hier finden.

Das LG Stuttgart hat die Klage zurückgewiesen und die Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Klägers aufgrund des berechtigten Interesses gem. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit f DSGVO als rechtmäßig erachtet. Doch mit diesem Urteil gab sich der Kläger nicht zufrieden und das OLG Stuttgart erteilte ihm mit dem Beschluss vom 02.02.2024 eine erneute Abfuhr.

Keine Voraussetzung einer Kundenbeziehung

Das OLG Stuttgart hat sich der Meinung des LG angeschlossen und eine bestehende Kundenbeziehung nicht als Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer Direktwerbung angesetzt. Eine Werbung nicht nur für Bestandskunden, sondern auch für Neukunden zu betreiben kann als berechtigtes Interesse gem. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit f DSGVO angesehen werden und bedarf keiner ausdrücklichen Einwilligung.  In solchen Fällen überwiegt nicht automatisch das Interesse des Betroffenen, keine Werbung zu erhalten, sondern auch das Interesse des Werbetreibenden (Dritter) oder desjenigen, der die personenbezogenen Daten innehat (Verantwortlicher), muss berücksichtigt werden.

Direktwerbung im Kontext des UWG

Nicht nur die DSGVO muss bei einer belästigenden Werbung herangezogen werden, auch das UWG muss hierbei ins Auge gefasst werden. § 7 UWG bekräftigt in diesem Zusammenhang die Auslegung, dass eine postalische Werbung keiner Einwilligung bedarf. Das OLG Stuttgart hat klargestellt, dass eine Werbung mittels elektronischer Nachricht nicht als milderes Mittel als die Zusendung eines Briefes angesehen werden kann. Andernfalls wäre eine Neukundenakquise nicht mehr möglich, da ohne Einwilligung eine elektronische Zusendung von Werbung aufgrund § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG ausgeschlossen ist.

Widerspruch gem. Art. 21 Abs. 2 DSGVO

Eine Direktwerbung ist nur als unzulässig einzustufen, wenn der Betroffene einen Widerspruch gem. Art. 21 Abs. 2 DSGVO gegen die Verarbeitung der ihn betreffenden personenbezogener Daten eingelegt hat.

Fazit

Die Entscheidung des OLG Stuttgart hat bestätigt, dass die postalische Direktwerbung auch bei Neukunden ein berechtigtes Interesse gem. Art. 6 Abs. 1 lit f DSGVO darstellt und nur bei einem Widerspruch des Betroffenen unzulässig ist. Für die Praxis bedeutet dies nun, dass sich auch Fremdadressen bedient werden kann, um Neukunden anzuwerben. Wichtig ist hierbei zu beachten, dass die Adressdaten rechtmäßig erhoben wurden und auch die Informationspflichten gegenüber den Betroffenen zu wahren sind.

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