Laut diesem Urteil und den Grundsätzen der Compliance muss eine Form der Überwachung aufgebaut werden, aufgrund derer man mit ordnungsgemäßem Handeln innerhalb der Firma rechnen darf und sofortige Maßnahmen bei einem möglichen Fehlverhalten ergriffen werden können.
Im konkreten Fall hätte der Geschäftsführer eine eigene Haftung abwenden oder mindern können, indem er die folgenden Handlungen vorgenommen hätte:
- Verwendung des Vier-Augen-Prinzips bei der Vergabe und Verwaltung von Kundenkarten. Hierbei muss ein Geschäftsführer notfalls selbst eine Überwachungsfunktion einnehmen, wenn keine geeigneten Mitarbeiter vorhanden sind.
- Kompetenzüberschreitungen durch stichprobenartige Prüfungen und entsprechende Sensibilisierung der Mitarbeiter aufdecken und verhindern. Hier wäre beispielhaft auch an ein Whistleblower-System zu denken.
- Prüfsysteme für die Buchhaltung und andere Verwaltungsaufgaben etablieren und effektiv durchsetzen.
Die zu erfüllenden Aufgaben klingen hierbei schnell überwältigend, wenn man die bereits bestehenden Aufgaben einer Geschäftsführung bedenkt. Deshalb erkennt auch das Gericht an, dass derartige Überwachungsaufgaben delegiert werden dürfen.
In diesem Fall trifft den Geschäftsführer dann nur die Pflicht der sogenannten „Meta-Überwachung“ und die organisatorische bzw. Systemverantwortung. Das heißt, ein Geschäftsführer muss die von ihm ernannten Überwacher nach dem Grundsatz in §130 Abs. 1 Satz 2 OWiG sorgfältig auswählen und diese entsprechend überwachen und entsprechend effektive Strukturen innerhalb des Unternehmens schaffen, mit der eine Überwachung erfolgreich stattfinden kann.
Es sollte auch beachtet werden, dass das Gericht hier keine flächendeckende, dauerhafte Überwachung fordert. Vielmehr soll eine Überwachung so aufgebaut werden, dass sie ein Fehlverhalten von Mitarbeitern entmutigt - etwa indem eine Entdeckung wahrscheinlich gemacht wird.
Die Intensität der Kontrollen sollte laut dem Urteil hierbei den Gegebenheiten im Unternehmen angepasst werden. Wenn keine Vorfälle oder Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten vorliegen, genügen stichpunktartige Kontrollen. Diese sollten bei entsprechenden Verdachtsmomenten intensiviert werden. Eine Pflicht, stichpunktartige Kontrollen durchzuführen, entfällt jedoch nie.
Eine Grenze dieser Form von Überwachung findet sich allerdings bei der Mitarbeiterwürde, dem Vertrauensgrundsatz innerhalb des Unternehmens und dem Betriebsklima. Es kann demnach nicht verlangt werden, dass eine Überwachung auf Kosten dieser Punkte stattfindet.