LG Stendal: auch „ein bisschen“ Werbung ist unzulässig – Vorsicht bei der Ausgestaltung von Bestätigungs-E-Mails im Double-Opt-in Verfahren

„Marketing ist die Kunst Chancen aufzuspüren, sie zu entwickeln und davon zu profitieren. Manch ein Unternehmen mag eine solche Chance zur Absatzförderung in der Versendung von Bestätigungs-E-Mails im Rahmen des sogenannten Double-Opt-in-Verfahrens sehen. Das Double-Opt-in-Verfahren stellt eine in der Praxis weit verbreite und anerkannte Methode zur Absicherung einer datenschutzrechtlichen Einwilligung in eine dann folgende werbliche Kontaktierung dar. Es herrscht mittlerweile Einigkeit, dass eine Bestätigungs-E-Mail selbst keine unzumutbare Belästigung im Sinne des UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) ist.

Aber Achtung: je nach Ausgestaltung kann eine solche Nachricht werbenden Charakter aufweisen. So jedenfalls entschied das Landgericht Stendal in einem Urteil vom 12.05.2021 – 22 S 87/20. Das Gericht bejahte bereits bei dem Zugang einer einzelnen unverlangten Werbenachricht in der Form einer Bestätigungs-E-Mail einen unmittelbaren rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Empfängers. Auch ein „bisschen“ Werbung in einer E-Mail sei ohne vorherige Einwilligung schlicht unzulässig. Demnach bestehe ein Unterlassungsanspruch des Beklagten nach §§ 1004 Abs. 1 S. 2, 823 Abs. 1 BGB. Geschäftspraktiken zur Nutzbarmachung von Bestätigungs-E-Mails als Marketingchance erteilte das Gericht damit eine Absage.

Bestätigungs-E-Mails im Double-Opt-in-Verfahren sind grundsätzlich zulässig

Anlass des Verfahrens war eine E-Mail im Rahmen eines Double-Opt-in-Verfahrens, die im Mai 2020 an die nahezu ausschließlich geschäftlich genutzte E-Mail-Adresse des späteren Klägers einging.

Beim Double-Opt-in-Verfahren wird nach einer Anmeldung mit einer E-Mail-Adresse („Single-Opt-In“), zu deren Verifizierung eine E-Mail an diese verschickt. Bestätigt der Empfänger die Anmeldung z.B. durch das Anklicken eines Links, ist der „Double-Opt-In“ abgeschlossen. Das Double-Opt-in-Verfahren stellt eine grundsätzlich zulässige Methode dar, um zu klären, ob eine datenschutzrechtliche Einwilligung zu einer werblichen Kontaktierung erteilt wurde.

Im Bereich des E-Mail-Marketings ist neben der DSGVO auch das UWG zu beachten. Da mit einer Bestätigungsmail der schützenswerte Zweck verfolgt wird, das Vorliegen eines Einverständnisses in eine nachfolgend versendete Werbung nachzuprüfen, ist sie nach den Wertungen des § 7 UWG grundsätzlich zulässig und keine unzumutbare Belästigung (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.03.2016 – I-15 U 64/15).

Wertung ändert sich bei einer werblichen Ausgestaltung einer Bestätigungs-E-Mail

Vorliegend enthielt die streitgegenständliche E-Mail nach der Wertung des Gerichts aber über die reine Aufforderung zur Bestätigung der Anmeldung hinaus werbliche Inhalte. Unter Werbung sind alle Maßnahmen im geschäftlichen Verkehr zu verstehen, die auf die Förderung des Absatzes von Produkten oder Dienstleistungen gerichtet sind. Das Gericht stufte die Sätze „Welcome to ZzZzZzZzZ“ und „Hast du Fragen zum Newsletter? Kontaktiere uns über: info@ZzZzZzZzZzZ.de“ unter Verwendung des Logos als Werbung in der Form der mittelbaren Absatzförderung (sogenannte Imagewerbung) ein.

Berufungsurteil: Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch

Nach dem Berufungsurteil des Landgerichts Stendal hat der Kläger diesbezüglich einen Unterlassungsanspruch aus §§ 1004 Abs. 1 S.2, 823 Abs. 1 BGB. Der Beklagte habe es unter Androhung eines Ordnungsgeldes oder einer Ordnungshaft zu unterlassen ohne ausdrückliche Einwilligung des Klägers an diesen Werbeschreiben per E-Mail zu senden. Darüber hinaus wurde dem Kläger ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nach §§ 823 Abs. 1, 249 BGB zugesprochen.

Rechtswidriger Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb

Gemäß § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB kann der Inhaber eines absoluten Rechtsguts im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB im Falle einer Beeinträchtigung des Rechtsguts gegen den Störer auf Unterlassung klagen. In den Urteilsgründen führte das Gericht aus, dass durch die Zusendung der E-Mail an die nahezu ausschließlich geschäftlich genutzte E-Mail-Adresse des Klägers in dessen Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb rechtswidrig eingegriffen wurde. Ein Eingriff in den sehr weit gefassten Schutzbereich wird nur dann angenommen, wenn dieser betriebsbezogen und unmittelbar ist.

Wertung des § 7 UWG: keine Bagatellgrenze

Bei der Wertung, ob ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vorliegt, kommen die Maßstäbe des § 7 UWG zum Tragen. Einer missbräuchlichen Generierung von an sich zulässigen Bestätigungs-E-Mails kann nur dann nachhaltig Einhalt geboten werden, wenn ein strenger Maßstab an deren zulässigen Inhalt angelegt wird. Dabei gilt keine Bagatellgrenze. Ein unmittelbarer Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb kann bereits bei einer einzelnen unverlangten und „dezenten“ Werbung angenommen werden. Gerade bei einem Erstkontakt sei die werbende Wirkung umso größer. Ausgehend von diesen Wertungen stufte das Gericht in dem vorliegenden Fall die Bestätigungs-E-Mail angesichts ihres Inhalts als unzulässig im Sinne des UWG ein.

Wertung des § 7 UWG: keine BagatellgrenzeFazit: Vorsicht bei der Ausgestaltung von Bestätigungs-E-Mails

Das zitierte Urteil zeigt, dass bei der Überprüfung, ob der Inhalt einer Nachricht im Sinne des UWG unzulässig ist, ein strenger Maßstab angewendet wird. Schon eine einzelne Bestätigungs-E-Mail, mit der unverlangt Werbung zugesandt wird, kann einen rechtswidrigen, unmittelbaren Eingriff in den eingerichteten und ausgebübten Gewerbetrieb des Empfängers darstellen und eine rechtliche Auseinandersetzung nach sich ziehen. Bei der Gestaltung von Bestätigungs-E-Mails im Double-Opt-in-Verfahren sollte daher der Grundsatz gelten „weniger ist mehr“. Bei Ergänzungen, die über den eigentlichen Inhalt einer Bestätigungs-E-Mail im Double-Opt-in-Verfahren hinausgehen, ist Vorsicht geboten.

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